Wöchentliche Diskussionsrunden


Seit dem Jahr 2017 findet im Haus Kleineichen bei Kaffee und Kuchen mit einigen Bewohnern ein wöchentlicher Gesprächskreis statt. Durchgeführt wird er ehrenamtlich von Ulrich Brodersen.
Im Folgenden berichtet er über Gesprächsthemen, seine Eindrücke und Erfahrungen.

„Wir setzen uns mittwochnachmittags für eineinhalb Stunden mit ca. acht bis zwölf Bewohnerinnen und Bewohnern zusammen und sprechen über jeweils zuvor gewählte Themen. Sie werden entweder von mir vorgeschlagen oder von einzelnen Teilnehmern gewünscht.
Derzeit sprechen wir auf Grundlage eines spannend geschriebenen Buches über Pandemien, also Virusinfektionen, die weltweit verbreitet sind. Der Auslöser war natürlich Corona. Aber es ging u. a. auch schon um die Pocken, Masern, HIV und die Spanische Grippe. Wenn wir damit durch sind, werden wir uns beispielsweise einmal anschauen, was gute Umgangsformen ausmacht.
Aus der Vielfalt bisher behandelter Themen nur eine kleine Auswahl: Inflation, Einkommensverteilung, die globale Erwärmung, Plastikmüll in den Ozeanen, Humor, hat es den Stern von Bethlehem wirklich gegeben? ...
Zu Beginn war die spezielle Gesprächsatmosphäre für mich etwas gewöhnungsbedürftig. Denn einige der Teilnehmer reden „frei von der Leber weg”, sagen ohne Tabus und ganz persönlich, was sie denken und fühlen. Aber ich habe mich im laufe der Zeit daran angepasst und zunehmend Gefallen an dieser unverstellten Authentizität gefunden.
Die Allermeisten kommen, nachdem sie erstmals eines der Treffen miterlebt haben, gerne wieder. Ein sehr reger Bewohner, der es liebt, seine Gedanken über Politiker und über die Nazi-Diktatur einzubringen, ist schon seit Anbeginn dabei. Es gibt aber auch Teilnehmer, die sich kaum am Gespräch beteiligen, aufgrund demenzieller Veränderungen vermutlich auch nicht allem folgen können. Aber ich habe den Eindruck, es tut ihnen gut, in dieser lebendig-geselligen Runde zu sitzen.
Als positive Effekte nehme ich wahr, dass die regelmäßigen Treffen die geistige Wachheit der Teilnehmer fördern und sie auch untereinander mehr ins Gespräch kommen. Somit etwas Sinnvolles tun zu können, bereichert mein Rentnerleben.
Ich bin mit der Vorbereitung der Themen und der Gesprächsleitung nicht nur kognitiv gefordert, sondern in den Begegnungen vielfach auch emotional berührt: Wenn von den Lebensschicksalen einzelner Teilnehmer etwas zur Sprache kommt, wenn jemand aus dem Kreis verstorben und sein Platz bei der fol­genden Zusammenkunft leer ist, und insbesondere, wenn ich stets aufs Neue die mich zutiefst beeindruckende Freundlichkeit und fürsorgliche Zuwendung der hauptamtlichen Mitarbeiter gegenüber den Bewohnern miterleben darf, die von Herzen kommt.”

Die wöchentliche lebhafte Diskussionsrunde ist eine wichtige Bereicherung im Alltag.

Das Haus Kleineichen ist sehr dankbar für das Engagement von Herrn Brodersen, der die Themen für den Gesprächskreis sehr sorgfältig und gut verständlich ausarbeitet und inzwischen einen ausgesprochen guten und individuellen Zugang zu den Bewohner*innen gefunden hat. Die wöchentliche lebhafte Diskussionsrunde ist eine wichtige Bereicherung im Alltag. Dies spiegelt sich in den Reaktionen der Teilnehmer wieder. So findet Herr D. den Kreis informativ, aktuelle Themen können besprochen und hinterfragt werden. Er findet es gut, Themen mitbestimmen zu können, so z. B. sein aktuelles Wunschthema „Karfreitag“. Herr. P. hinterfragt alles ganz genau und diskutiert bestimmte Themen gerne aus. Mitarbeiter berichten, dass Herr Sch. sichtlich froh ist, sich seinem Unmut über „die Politiker“ regelmäßig Luft machen zu können. Frau M. hat immer ihren Spaß daran, wenn Herr Sch. sich lautstark auslässt und Herr Brodersen mit ihm gemeinsam wieder „zurückrudert“. Frau W. bescheinigt Herrn Brodersen, er sei ein interessanter Mann, sie lerne dazu und frage auch gerne nach. Aber auch die Gemeinschaft und Geselligkeit wird als wohltuend empfunden. Herr K. genießt die Tischkultur: „Alles ist gemütlich vorbereitet, ein schön gedeckter Tisch.“ Frau H. findet in der Runde „ihre Ruhe“, ist gerne in der Gemeinschaft dabei, auch wenn sie die Themen nicht immer ganz aufnehmen kann.

Mit seinem Gesprächskreis gibt Herr Brodersen den Teilnehmenden wertvolle Zeit und Raum, zu Wort zu kommen, zuzuhören und gehört zu werden.

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